Seine Gesichtszüge sind so rau wie die Landschaft in der Provinz Dalarna im tief verschneiten Mittelschweden. Mit zittrigen Händen nippt Gabriel Torenfält an der heißen Blaubeersuppe. Am Wegesrand in tausenden Pappbechern gereicht, lässt sie die Augen von müden Langläufern glänzen. Gabriel ist 87 Jahre alt, 2009 war er der älteste Wasalauf-Teilnehmer. "Man muss kämpfen. Komm' ins Ziel oder stirb", sagt er mit dünner Stimme. Er will 2010 wieder dabei sein.
Jeder darf, nicht jeder kann
An den zwei Tagen der "Öppet Spår" genannten Jedermannläufe dürfen alle ab 17 Jahren starten, die sich die 90 Kilometer zutrauen. Doch Vorsicht: Das Gelände ist bergig, und es kann kalt werden. Minus 15 Grad sind nicht selten. Gelaufen wird im klassischen Stil - der Schlittschuhschritt ist verboten, mit Ausnahme der Skating-Rennen über 30 und 45 Kilometer. Wer als Jogger und Gelegenheitslangläufer das Abenteuer erleben möchte, startet am besten beim "Halvvasan" über 45 Kilometer. Das Rennen ist entspannter und das Flair ganz ähnlich.Mit dem Wasalauf feiert Schweden sein größtes Sportfestival: Etwa 300.000 Skiläufer und Zuschauer zieht es dann in die abgeschiedene Waldregion am Siljansee, wo Elche und Bären leben. Die Hotels sind ausgebucht, die Woche beschert der Region einen Wirtschaftsschub. Familien vermieten ihre Häuser, Hunderte Sportler übernachten in Turnhallen. Wer es ruhiger mag, mietet ein Holzhaus im 30 Kilometer nördlich gelegenen Orsa. Auch für Wintercamper ist dort Platz.
Literweise Blaubeersuppe
164 Euro kostet die Teilnahme, kurz vor der Wasawoche werden die Preise erhöht. Dafür gibt es perfekt präparierte Loipen und an den Verpflegungsstationen einen Wachsservice für die Ski, Brot und literweise Blaubeersuppe. 3500 Helfer packen mit an. Wer die Startnummer eines Teilnehmers kennt, kann im Internet seine Rennposition verfolgen. In Moras Sportläden können die Teilnehmer ihre Bretter präparieren lassen - am besten am Tag vor dem Lauf, denn die Profis passen das Wachs der aktuellen Schneebeschaffenheit an.Die Wasalauf-Tradition in Dalarna begann 1922. Die Zeitung "Vestmanlands Läns Tidning" hatte damals zu einem Gedenklauf für den Freiheitskämpfer und späteren König Gustav Vasa aufgerufen. Der hatte im 16. Jahrhundert gegen die Dänen gekämpft und war vor ihnen in die Berge geflüchtet. Von einem Blutbad der Dänen aufgerüttelt, schickten ihm die Leute von Mora ihre schnellsten Männer hinterher. Sie fanden ihn 90 Kilometer entfernt in Sälen. Das Wasalauf-Museum in Mora erzählt diese Geschichte, gleich davor liegt heute der Zieleinlauf.
Die meisten Sportler in der "Öppet Spår" haben das Tor längst erreicht, wenn sich die Sonne senkt. Mancher hat aufgegeben, ganz harte Knochen stapfen weiter durch die kalte Nacht. Nach mehr als zehn Stunden biegt auch Gabriel Torenfält auf die Zielgerade ein, vorbei an der Kirche, wo die Kranskulla gesegnet wird. Das ist jene schwedische Dame, die dem Sieger im Profirennen den Ehrenkranz um den Hals wirft. Viel Publikum hat Gabriel um diese Zeit nicht mehr, aber auch im kommenden Jahr will er sich beweisen, dass er noch lebt.
Informationen
Touristenbüro Mora, Strandgatan 14a, SE-79230 Mora (Tel. von Deutschland: 0046/250/59 20 20, E-Mail: mora@siljan.se).Zum Wasalauf anmelden können sich Wintersportler online unter www.vasaloppet.se sowie im Wasalaufhaus, SE-79232 Mora (Tel. von Deutschland: 0046/250/392 00, E-Mail: info@vasaloppet.se).
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